8.6. Ruciane Nida – Niedersee
Von Warschau bis hierher sind es etwas über 200 km, 4.5 Std. sind wir durch das Land gefahren. Die Straßen sind eigentlich durchweg gut, aber schmal und so zieht es sich hin. Die kleinen Städte und Dörfer sind ordentlich, doch so wie bei uns noch lange nicht. Es fällt auch auf, dass noch sehr viel Wellasbest für die Dächer verwendet wird. Niedersee ist ein kleiner Ort, der vom Tourismus lebt. Etwas abseits und nördlicher liegt Piaski. Im Wald , am Beldahn See, liegt ein Ressort für Radfahrer und Bootstouristen. Man wird stark an die Bungalowdörfer der DDR erinnert. An einem Anleger schwimmt die „Classic Lady“, ein kleines aber feines Schiff. 44m lang und 7m breit mit 11qm großen Kabinen. 46 Passagiere haben Platz. Die Kabinen sind sehr durchdacht, mit vielen Ablagen und relativ hoch gelegenen Betten, so dass der Raum darunter auch noch nutzbar ist. Die Nasszelle ist auch sehr gut, wesentlich besser, als auf dem Donauschiff. Um 16h habe ich dann mein erstes Bier auf dem Sonnendeck genossen, im Liegestuhl bei herrlichem Sonnenschein. Anschließend eine Probefahrt von 11 km mit den Leihrädern, war ok. Das Abendessen die reinste Völlerei, doch morgen sollen die überzähligen Kalorien wieder abgefahren werden.
Am Morgen dann die große Überraschung, es entlud sich ein Gewitter mit kräftigen Regen. In irgendeiner Pause ging es dann doch los und das Wetter wurde immer besser. Über mehr oder weniger befahrene Straßen und Waldwege wurde ein geführter Rundweg gefahren. Unser Guide, Andje nannte das gestern noch einen Schnupperkurs, er wolle die Gruppe, 8 Radfahrer, erst einmal testen. Es waren dann 47 km! Doris und ich haben dann noch im Wiartel See gebadet. Unterwegs sehr gut und preiswert eine Kleinigkeit gegessen. Hier in den Wäldern zwischen den Seen finden sich häufig Ferienobjekte aus sozialistischen Zeiten. Erinnert viel an die ehemalige DDR. Übrigens liefern die Masuren 30% des Holzes, das Ikea benötigt! Noch etwas Interessantes. Bis 1944 haben die Masuren kaum etwas vom Krieg gespürt, die Nazis brachten dieser Gegend einen wirtschaftlichen Aufschwung! Mit den Sowjets als Befreier kamen dann Tod und Zerstörung!
Nun sitzen wir auf dem Sonnendeck, schauen auf den See und der Dampfer schippert mit uns nach Mikolajki (Nikolaiken) mit einem Abstecher auf den größten See der Masuren, dem Sniardwy See (Spirding). In Mikolajki hat der Kahn dann fest gemacht und wir haben nach einem sehr guten Abendessen gut geschlafen,
Weniger gut war das Wecken. Seit 5h regnete es! 7.20 wurden die Leinen gekappt und während des Frühstücks zog die Landschaft an unseren großen Fenstern vorbei, leider im Regen. Dann wurde abgestimmt über das weitere Vorgehen. Einstimmig entschied man sich dafür, nicht nach Ryn (Rhein) zu fahren, sondern die Kanäle zu benutzen und über den Jagodne See in den Niegocin See zu schippern. Dort wurde um 13h in Wilkasy (Wilkassen) der Anker geworfen. Seit 10.30h war der Regen spürbar weniger nass!! Aber die Radtour zur Wolfsschanze hatte sich damit erledigt! Schade. Während der Schiffsfahrt wurde ein Film über unser Reisegebiet gezeigt. U.a. wurde ein hiesiger Likör erwähnt, „Bärenfänger“, haben ihn gleich mal probiert! Und dann ging es um 12.45h los, bei leichtem Regen, der sich aber in der nächsten halben Stunde vollständig verabschiedete. Der Ort Wilkasy ist ein kleiner Urlaubsort, vergleichbar mit Waren an der Müritz. Es wird viel gebaut. Als nächstes dann gleich nebenan Gizycko (Lötzen), 30 000 Einwohner. Hier wirkte Bruno v. Querfurt, der die heidnischen Prußen missionierte! Dafür hat man ihn heiliggesprochen. Es gibt noch einem wunderbar restaurierten Wasserturm, schmuckes Einkaufsviertel, Drehbrücke die per Hand seit 150 Jahren gedreht wird und großen Hafen. In Lötzen haben wir uns dann sehr ausgiebig die am Rande der Stadt liegende Festung Boyen angesehen. Eine riesige Anlage in unregelmäßiger Sternform gebaut in den Jahren 1844-55.
Sie wurde zum Schutz vor dem Russischen Reich gebaut, kam aber nie zum Einsatz. Die Sowjets haben sie dann, fahrend durch das offene Tor, übernommen. Nach nur 16 km waren wir wieder auf dem Schiff.
Das Essen an Bord ist übrigens ganz ausgezeichnet, auch kann man jederzeit Getränke bekommen und Sonderwünsche werden auch jederzeit entgegengenommen.
Heute haben wir 53 km in den Pedalen getreten! Das Wetter war prima und im Goldopiwo See wurde bei einer Pause gebadet. Wir müssen viele Pauschalurteile über Polen revidieren, nichts mit „polnischer Wirtschaft“. Die Dörfer sind sauber, teilweise sogar sehr gepflegt mit Blumenanlagen und gutem Straßenbelag. Schmucke Häuser sieht man überall und die Menschen sind nett und freundlich. Wir, die von Polen aus gesehen westlich leben, denken, die Polen sind alle Diebe! Interessant, dass die Polen das auch pauschal von ihren östlichen Nachbarn den Weißrussen, Rumänen und Ukrainern annehmen!
Wieder in Gizycko angekommen haben wir unser Energiereservat erst mal etwas aufgefüllt und liegen jetzt faul in der Sonne.
Herzliche Grüße von den 6 Radlern D&B, S&W sowie U&B